Interview & Titelfoto: Christian Kaminsky
Archivfotos: Rudi Gebert und Tobias Neubert
„Was macht eigentlich…?“ ist zurück! In unserer beliebten Interviewreihe sprechen wir mit ehemaligen Spielern des 1. EV Weiden und der Blue Devils, um gemeinsam auf ihre Karrieren und die Highlights ihrer Zeit in Weiden zurückzublicken.
Wir blicken zurück auf die Saison 2013/2014. Der damals 24-jährige Kanadier Max Grassi kam für den nach Mitterteich abgewanderten Boris Flamik und besetzte die zweite Kontingentstelle neben Dusan Andrasovsky. Der 1. EV Weiden präsentierte den Mittelstürmer in einem von OTV aufgezeichnetem Skype-Interview in einem Elektromarkt in Weiden.
Die Saison 2013/2014 verlief sowohl sportlich als auch personell äußerst turbulent für den 1. EV Weiden. Cheftrainer Viktor Proskuryakov, der nach dem Gewinn der Landesligameisterschaft 2010 in die Max-Reger-Stadt zurückgekehrt war, hatte mit zahlreichen Rückschlägen zu kämpfen. Verletzungspech machte der Mannschaft schwer zu schaffen: So fiel Torhüter Daniel Huber mit einer schweren Verletzung aus und wurde durch Rostislav Kosarek ersetzt. Auch Dusan Andrasovsky musste zeitweise ersetzt werden, und Mark Soares, der dafür verpflichtet wurde, verließ das Team nach nur zwölf Spielen in Richtung Buchloe. Weitere personelle Abgänge, wie der von David Musial nach Differenzen mit dem Trainer oder Simon Bogner aufgrund mangelnder Spielzeit, erschwerten die Situation zusätzlich. Angesichts der anhaltend schlechten sportlichen Ergebnisse wurde Cheftrainer Proskuryakov Anfang Januar 2014 von seinen Aufgaben entbunden, blieb jedoch dem Verein als Nachwuchstrainer erhalten. Interimstrainer Peter Hampl übernahm die Leitung der 1. Mannschaft für den Rest der Saison.
Trotz dieser schwierigen Umstände war Max Grassi einer der wenigen Lichtblicke in der Mannschaft. Mit 25 Toren und 32 Vorlagen in 46 Spielen war er mit 57 Punkten gemeinsam mit Dusan Andrasovsky der Topscorer der Blue Devils. Auch seine physische Präsenz auf dem Eis war spürbar: Mit 86 Strafminuten belegte er in dieser Kategorie den dritten Platz im Team, hinter Marcel Waldowsky und Benjamin Frank. Leider konnten auch seine starken Leistungen den Abstieg in die Bayernliga nicht verhindern. Nach 44 Spielen standen die Blue Devils als Vorletzter fest, und auch in der Playdown-Serie gegen Deggendorf Fire und den EV Regensburg gelang es nicht, den Klassenerhalt zu sichern. Glücklicherweise blieb Weiden dank des freiwilligen Rückzugs der Schweinfurter Mighty Dogs in der Oberliga.
Heute, zehn Jahre später, blicken wir mit dem inzwischen 35-jährigen Max Grassi auf diese bewegte Zeit zurück und erfahren, was ihn damals nach Weiden geführt hat und womit er sich heute beschäftigt.
Max, willkommen zurück in Weiden. Hast du einen neuen Vertrag unterschrieben oder was führt dich in die Oberpfalz?
Ich weiß nichts von einem neuen Vertrag (lacht), aber ich bin im Urlaub. Ich war in Amsterdam und fliege noch nach Italien. Dazwischen hatte ich ein paar Tage frei und habe einen Freund in Nürnberg besucht. Da habe ich mir gedacht, Weiden ist doch ganz in der Nähe und habe die Gelegenheit genutzt, hierher zu kommen. Es ist mein erster Besuch seit zehn Jahren. Es ist schön, alte Freunde wiederzusehen und mit ihnen in Erinnerungen zu schwelgen.
Fangen wir ganz von vorne an. Wie bist Du zum Eishockey gekommen?
Nun, in Kanada ist Eishockey unser Leben. Seit ich drei Jahre alt war, stand ich auf Schlittschuhen und habe „Hockey Night in Canada“ geschaut. Die Chance zu bekommen, einen Profivertrag zu unterschreiben, war für mich unglaublich. Ich wünschte, ich hätte länger in Weiden bleiben können. Es war eine großartige Erfahrung, bei der alle sehr gut zu mir waren und das Ganze unvergesslich gemacht haben.
Nach dem College hast du deine Profikarriere in Deutschland begonnen. Wie kam der Kontakt zu den Blue Devils zustande?
Das ist eine gute Frage. In meinem letzten Studienjahr an der University of British Columbia kam unser Agent, der mit österreichischen und deutschen Teams zusammenarbeitet, in die Umkleide und fragte, ob einige der älteren Spieler Interesse hätten, in Deutschland zu spielen. Ich habe sofort die Hand gehoben. Ich war schon zuvor in Deutschland gewesen, als ich mit Team Canada 2012 Gold in Ingolstadt und 2013 Bronze in Dresden bei der IIHF-Inlinehockey-Weltmeisterschaft gewonnen habe. Daher kannte ich das Land bereits ein wenig und konnte mir gut vorstellen, hier Eishockey zu spielen. In jenem Sommer sprach mein Agent mit Thomas Siller, und so entschied ich mich schließlich für die Blue Devils.
Die Blue Devils waren deine erste Auslandsstation. Wie war es für dich?
Ich muss zugeben, dass ich ziemlich nervös war, das erste Mal so weit weg von zu Hause zu leben. Es war schon ein kleiner Kulturschock. Aber die Leute in Weiden waren unglaublich nett zu mir. Allen voran Barry Noe, der mit mir im selben Haus gewohnt hat. Er spricht sehr gut Englisch, ist Halbamerikaner und hat mir geholfen, mich schnell einzuleben. Nach anfänglichem Heimweh habe ich mich schnell wohl gefühlt und bin gut angekommen.
Die Saison war nicht sehr erfolgreich, ihr seid am Ende abgestiegen. Kannst du dich trotzdem an eine lustige Geschichte erinnern?
Ja, es war eine sehr enttäuschende Saison für uns. Es gab einige unglückliche Umstände wie Verletzungen und den Trainerwechsel. So wollte natürlich keiner die Saison beenden. Es ist schade, dass wir nicht erfolgreicher waren. Ich wäre gerne länger geblieben. Mir fällt spontan keine lustige Anekdote ein. Aber es gab sicher lustige Situationen mit Waldi, Barry und Ralf. Das waren lustige Typen.
Du hast schon mit 29 Jahren deine professionelle Eishockey-Karriere beendet. Warum?
Mit Ende 20 stellt man sich automatisch die Frage nach dem Leben nach dem Eishockey. Jedes Jahr womöglich in eine andere Stadt zu ziehen, war sehr anstrengend. Ich sehnte mich nach mehr Stabilität in meinem Leben. Deshalb bin ich zurück nach Vancouver und habe mich für den Beruf des Elektrikers entschieden. Wenn ich zurückblicke, wünschte ich manchmal, ich hätte länger gespielt, um noch mehr Erfahrungen zu sammeln. Aber insgesamt hatte ich fast vier schöne Jahre in Deutschland und bereue nichts.
Wo lebst du und was machst du aktuell beruflich?
Zurzeit lebe ich in Vancouver. Dort bin ich aufgewachsen und arbeite als Berater für eine Elektrotechnikfirma. Das ist nicht so aufregend wie Eishockey spielen (lacht), aber im Moment ist es ein sehr guter Job. Ich kann mir aber gut vorstellen, eines Tages als Trainer wieder ins Eishockey-Business einzusteigen. Denn ich vermisse es schon ein bisschen.
Das heißt, du bist derzeit gar nicht im Eishockey tätig?
Ich habe eine Pause gemacht, um Abstand vom Eishockey zu bekommen. Aber wie gesagt, ich kann mir eine Karriere als Trainer vorstellen. Ich denke, es würde mir Spaß machen, mit Kindern zu arbeiten. Vielleicht sogar in Weiden, aber dafür muss ich erst mal mein Deutsch verbessern (lacht). Mal sehen, was die Zukunft bringt.